Im Oktober 2022 waren wir auf einer Studienfahrt in Auschwitz und Krakau.
Nie wieder! Wie grausam und herzlos Menschen sein können … und wie die Täter mit der Würde, die sie ihren Opfern nehmen, auch ihre eigene Menschenwürde verlieren. Hass macht hässlich und zerstört.
„Wer sich nicht erinnert, ist dazu verdammt, die Vergangenheit zu wiederholen.“
Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
Gott segne Dich mit dem Engel mutiger Wertsetzungen!
Wenn die Grausamkeit und Gewalt der Welt, die Würdelosigkeit der Täter und das Leiden der Opfer kalt Dein Herz berühren, dann möge Gottes guter Engel Dich warm umhüllen, Dein Herz mit seinem Licht erfüllen, Dir den Rücken stärken und Dir den Mut geben, mit Deinen Worten und Deinem Handeln für Deine Werte und die Menschenwürde einzustehen. Ein einzelner Mensch kann den Unterschied machen und anderen zum Vorbild werden im Einsatz für eine menschliche Welt.

Gott stärke Dich mit seiner Kraft! Amen.

Engel vor dem Tor in Birkenau Juedischer-Friedhof-in-Krakau
Angelika Scholte-Reh, Pfahrerrin der Evangelischen Kirchengemeinde Kroppen

Reisebericht von Herrn Niko Gebel, Bürgermeister der Stadt Ortrand

–Die Würde des Menschen ist unantastbar. Gemeinsam mit Jugendlichen der Region haben wir uns auf den Weg nach Auschwitz und Krakau gemacht.–
Schülerinnen und Schüler der Ortrander Schule und Mitglieder der Jungen Gemeinde der Region Ortrand haben sich in den vergangenen Tagen gemeinsam mit der Kroppener Pastorin Angelika Scholte-Reh und dem CDU- Kreisvorsitzenden und Amtsdirektor des Amtes Ortrand, Niko Gebel, auf eine fünftägige Studienreise nach Auschwitz/ Birkenau und Krakau begeben. Im Mittelpunkt der Bildungsreise stand dabei die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, der europäischen Geschichte der Juden und den zukünftigen Werten der Gesellschaft.
Ein Reisebericht:
Am Montag, den 24. Oktober 2022 starteten wir, 16 Jugendliche aus Ortrand, Lauchhammer und Senftenberg unsere Reise nach Auschwitz und Krakau. Begleitet wurden wir von Frau Pastorin Angelika Scholte-Reh und Herrn Amtsdirektor Niko Gebel. Die ersten zwei Nächte waren wir im katholischen Zentrum für Gebet und Dialog in Auschwitz.
Unsere inhaltliche Beschäftigung mit dem Thema begann am ersten Abend. Eine polnische Historikerin gab uns Einblicke in die Entstehung und Machtergreifung der NSDAP und den politischen Aufstieg Adolf Hitlers. Ihr Thema war „Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen“. Ja, es war das Ende einer langen Entwicklung und der Gipfel einer zerstörerischen Hass-Geschichte.
Der nächste Tag war dem Besuch der Gedenkstätte gewidmet. Die Eindrücke im Konzentrationslager Auschwitz I waren fast surreal. Die unmenschlichen Dinge, die dort geschehen sind, sind kaum zu verstehen und nicht zu glauben. Was im Schulunterricht und in Dokumentationen als weit entfernte Vergangenheit erscheint, war auf einmal ganz nah. Die vielen tausend Schuhe in der Ausstellung haben einmal Menschen gehört, auch die Kinderschuhe und die liebevoll bestickte Babykleidung. Sie alle wurden ermordet. An der Todeswand, wo viele tausend Menschen hingerichtet wurden, lag eine drückende Stimmung in der Luft. Frau Scholte-Reh hält eine kurze Andacht, spricht ein Gebet für die Menschen, die hier ihr Leben verloren haben und wir beten gemeinsam das „Vater unser“. Bedrückte Gesichter, manche haben Tränen in den Augen. Herr Gebel tritt vor die Mauer, senkt den Kopf und alles ist still. Einige von uns stellen sich zu ihm vor die Mauer. Anschließend gehen wir am Lagerkrankenhaus vorbei. Keiner der Insassen wollte dorthin, denn hier wurden kranke Menschen sehr oft einfach mit einer Spritze direkt in ihr Herz getötet. Ihr Leben war für die Nazis nichts mehr wert, „unwertes Leben“, wie das so vieler anderer Menschen, die sie zu Untermenschen oder Nicht-Menschen erklärt haben: Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, behinderte Menschen. Im letzten Gebäude des Lagers wurden Bilder ausgestellt, die von Kindern gemalt wurden, die in dem Lager eingesperrt waren. Die Bilder bewegen und lassen erahnen, was die Kinder erlebten und fühlten.
Der Weg in die Gaskammer und des daran gelegenen Krematoriums führte an dem Galgen vorbei, an dem der Lagerleiter der Nazis, Rudolf Höß, am 16. Oktober 1947 mit Blick auf das Lager erhängt wurde. Sein Urteil wurde nach Kriegsende durch das Nationale Tribunal Polens am 02. April 1947 in Warschau gesprochen. Danach ging es in das Vernichtungslager Auschwitz II/ Birkenau. Das riesige Gelände lässt die Größe der Dimension dieses Verbrechens gegen die Menschlichkeit nur erahnen, nicht aber begreifen. Bis zum Horizont reichen die Schornsteine, die von den Holzbaracken übriggeblieben sind. Zum Abschluss gingen wir durch das Haus, in dem die Menschen im Lager aufgenommen wurden. Ihnen wurden auf dem Weg durch das Gebäude alle Haare des Körpers abgeschnitten, danach wurden sie geduscht. Zum Ende des Krieges dachten die Opfer, die Duschräume des Gebäudes seien die Gaskammern, deren Eingänge gleich nebenan waren. Die Todesangst in den Räumen konnte man immer noch spüren. Sie macht bis heute Angst vor der perfiden Gewalt, zu der Menschen fähig sind. Die Täter nehmen nicht nur den Opfern sondern auch sich selbst ihre Menschenwürde.
Den Abschluss des Rundgangs bildete eine Ausstellung mit Fotos, auf denen Opfer des Holocaust mit ihren Familien abgebildet waren. Es waren ganz normale Menschen, in einem ganz normalen Leben, Kinder, Jugendliche, Eltern und Großeltern, so wie Du und ich. An diesem Tag haben viele von uns geweint und viele Momente hatten eine ganz eigenartige Stimmung, Gefühle die man nicht schnell vergessen kann.
Am Abend haben wir gemeinsam das Erlebte diskutiert und verarbeitet. Danach schauten wir uns den Film „Schindlers Liste“ an. Da wurden die Bilder aus Auschwitz und Birkenau noch einmal lebendig und es war deutlich: ein einzelner Mensch, auch Du und ich, wir können den Unterschied machen. „Wer einen einzigen Menschen rettet, rettet die ganze Welt.“ heißt es im Talmud.
Ab Mittwoch haben wir dann die Stadt Krakau besucht. Unsere Stadtführerin Sylvia hat uns eindrucksvoll das Krakauer Ghetto erklärt. Sie zeigte uns die Eingänge in die Kanalisation, durch die viel jüdische Menschen versuchten zu flüchten. Meistens wartete die SS oder die Gestapo an den Ausgängen und beendeten die Fluchtversuche mit dem Tod. Wir besuchten die jüdischen Friedhöfe und die Krakauer Synagoge, erlebten jiddisches Essen bei Klezmer- Musik und entdeckten damit ganz intensiv die Kultur der polnischen und osteuropäischen Juden, die mit dem Holocaust zerstört wurde.
Ergänzt wurde das Bildungsprogramm am Donnerstag, den 27. Oktober 2022, mit einem Spaziergang zur polnischen Geschichte durch die wunderschöne Stadt Krakau. Die polnische Kulturhistorikerin Sylvia führte uns unter anderem auf den Königsberg Wawel, an die Krakauer Universität und zur Marienkirche am Markt. Sie hat uns diese historische und wunderbare Stadt im Herzen Europas erleben lassen. Wir wurden in Polen während unserer gesamten Reise herzlichst und zuvorkommend empfangen und konnten uns wirklich wohl fühlen.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ Da waren wir uns einig und haben in zusammenfassenden Gesprächen gemeinsam Thesen erarbeitet, die im Rahmen des Festes am Reformationstag an der Tür der Sankt Barbara Kirche in Ortrand angebracht werden. Am 09. November 2022 werden wir im Rahmen der diesjährigen Friedensdekade im Kirchgemeindehaus in Kroppen Bilder und Gedanken zu unserer Reise vorstellen.
Wir haben erlebt was passieren kann, wenn Ideologie, Lüge, Verleumdung und Hetze die Macht übernehmen. Der Holocaust ist ein Verbrechen an der Menschlichkeit, dass man in Auschwitz immer noch spüren kann. Berge von Menschenhaaren, Kinderschuhe, Krücken, Prothesen, der modrige Geruch in der Gaskammer, alles das sind Dinge, die von Tod, Angst und Menschenverachtung erzählen. Im zweiten Weltkrieg wurden sechs Millionen Juden ermordet, davon ca. drei Millionen Polen. Eine lebensfrohe europäische Kultur, die jiddische Kultur und Sprache, ist für immer ausgelöscht worden.
Einer von uns hat Familienmitglieder in Auschwitz verloren. Er erzählte uns, dass einer der jungen Leute an der Todesmauer erschossen wurde. Da wurde Geschehene auf bedrückende Weise lebendig.
Wir kommen zurück nach Deutschland und wissen, dass Frieden und Freiheit nicht nur Worte sind, sondern ein großes Gut, das nicht alle Menschen in ihrem Leben haben durften und auch ganz aktuell nicht haben dürfen.
In Europa herrscht seit dem 20. Februar 2022 Krieg. In Butscha und womöglich an vielen anderen Orten in der Ukraine kommt es zu Hinrichtungen von Menschen, zu Verbrechen an der Menschlichkeit. Russische Kriegspropaganda kommt auch bei uns in Deutschland an, verängstigt und verunsichert Menschen. Damals war es das Radio, heute wird dafür Facebook, Instagram, Twitter und WhatsApp benutzt. Populisten in ganz Europa bekämpfen den Staatenbund der Europäischen Union und Wladimir Putin etabliert eine parteitreue, politische Jugendorganisation. Alles Dinge, die es in der Geschichte immer wieder gab. Sie gefährden unseren Frieden und das Miteinander der Europäischen Kulturen und nehmen Menschen ihre Würde, denen die zu Opfer gemacht werden und denen, die durch Hass auf andere zu Tätern gemacht werden.
Geschichte wiederholt sich. Meistens immer dann, wenn sie selbst vergessen oder bewusst verkehrt dargestellt und missbraucht wird.
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Region Ortrand, im November 2022
Wiktor, Julian, Martha, Lina, Michael, Angelika, Celine, Anna-Maria, Miriam, Robin, Marie, Niko, Anna, Pia, Maria, Richard, Nora und Jannik
 Zeichnung Auschwitztransport Zeichnung Birkenau Zeichnung "Täter"
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